INTERNATIONALISIERUNG
Kommt der Unternehmensberater, kommen neue Projekte. Meines hieß: Optimierung der weltweiten Lieferantenstruktur, was auf die Systematisierung und Reduzierung der weltweit für uns tätigen Lieferanten hinauslief. Ich wurde Projektleiter eines weltweit tätigen Projektteams mit 10 Mitarbeitern aus aller Herren Ländern. "Einer für Alle"! war also angesagt.
1. Vertrauen gewinnen:
Um nicht von vornherein am Widerstand der Landesgesellschaften zu scheitern, habe ich mit vielen Gesprächen und Präsentationen erst einmal die Unterstützung des Managements der Landesgesellschaften gewonnen.
2. Alle ins Boot holen:
Jede Landesgesellschaft berief einen Vertreter in mein Kernteam.
3. Bestandsaufnahme:
Jede Landesgesellschaft lieferte ihre spezifische Einkaufsliste mit Lieferanten, Ausgabenkategorien, Produkten, Dienstleistungen, Mengen und Umsätzen.
4. Vereinheitlichung:
Aus diesem Sammelsurium destillierte ich eine einheitliche Tabelle, in die die Landesgesellschaften ihre Daten übertragen konnten. Da das mit zusätzlichem Arbeitsaufwand und enger Terminsetzung verbunden war, musste Widerstand überwunden und Manpower zugefüttert werden.
5. Selektion:
Je Produkt bzw. Ausgabenkategorie musste sich jede Landesorganisation für 2 bis 4 Exklusivlieferanten entscheiden. Der Rest fiel unter den Tisch. Nach vielen Diskussionen und Überzeugungsschwerstarbeit war die Lieferantenzahl nach dem zweiten Durchlauf um 50 % reduziert. Einvernehmlich.
6. Neue Spielregeln:
Nur die selektierten Lieferanten wurden ins System geladen und konnten abgerufen werden. Neu aufzunehmende Lieferanten mussten ein Genehmigungsverfahren durchlaufen. Bestellungen außerhalb des Systems wurden der verstärkten Kontrolle unterzogen. Über die neuen Regeln wurde informiert und eingeschworen.
7. Ergebnis:
Reduzierung der Lieferanten um 60 %. Vereinheitlichung der Einkaufspolitik in einem einheitlichen Einkaufssystem weltweit. Übergabe der Verantwortung an das Management der Landesorganisation mit Unterstützung der globalen Einkaufsorganisation.
CHANGE MANAGEMENT
Wenn eine Firma durch Unternehmensverkäufe von einem multi-divisionalen Alleskönner zum Spezialisten mutiert, ist es an der Zeit, die internen Geschäftsprozesse auf den Prüfstand zu stellen. Ich habe das in meiner Zuständigkeit für die Supply Chain mit den Funktionen Einkauf, Produktion, Qualitätskontrolle und Beschaffungslogistik gemacht.
Eine Organisation ist immer historisch gewachsen. Das bringt eine gewisse Veränderungsresistenz mit sich. Niemand will sich von vertrauten Prozessen verabschieden, selbst wenn die Firmenstruktur eine völlig andere geworden ist.
Soll die Restrukturierung gelingen, muss man dort anfangen, wo der Leidensdruck unmittelbar zu spüren ist: den alltäglichen Problemen und Schwierigkeiten in der Produktion.
Als erstes habe ich einen wöchentlichen Jour Fixe mit allen Betriebsführern konsequent eingerichtet und systematisch eine Agenda praktischer Probleme abgearbeitet. Die Lösungsvorschläge wurden kollegial im Team erarbeitet und entschieden, vor Ort umgesetzt und das Ergebnis fortlaufend berichtet. Der Nutzen: jedem wurde geholfen.
Das war der Ausbruch aus der isolationistischen Silomentalität und die Keimzelle für ein gemeinsames Denken in Netzwerken.
Als nächstes habe ich die Betriebsführer in die Verhandlungen und Auditierungen beim Lieferanten direkt eingebunden und an der Auswahl neuer Lieferanten beteiligt. Das schuf die Basis für die Beseitigung von Schnittstellenproblemen entlang der Wertschöpfungskette. Der Nutzen: Reibungslose Prozesse und Aufwertung der Betriebsführer.
Es öffnete obendrein noch den Horizont für strategische Make-or-Buy und Outsourcing-Entscheidungen, die vorher notwendigerweise am fehlenden gegenseitigen Verständnis gescheitert wären.
Der Lohn der Aktivität: Eine offene, Schnittstellen übergreifende Lieferanten vernetzte Kommunikationskultur mit ungeahnt anpassungsfähiger Beweglichkeit. Mit einem Wort: zukunftssicher
Oder in Zahlen: Realisierte Einsparungen von ca. 5 % oder ca. 1,3 Millionen Euro im ersten Jahr, ca. 3 % jeweils in den beiden Folgejahren.
TARGET COSTING
Target Costing ist die Einkaufsbrechstange, wann immer neue Märkte erschlossen werden müssen. Ist das Wachstum in den klassischen Absatzmärkten zu Ende oder rückläufig, stellt sich die Frage: Wie erschließt man neue Märkte?
Bei unseren Produktklassikern ging das nur über den Preis, da kein Innovationspotenzial vorhanden war.
Vordringlich war demzufolge die Senkung der Bezugskosten bei Schlüsselrohstoffen, am besten im zweistelligen Bereich und dauerhaft, wenn man den Anforderungen des Marketing folgte.
Natürlich fragt man zuerst bei den Stammlieferanten und hinterlässt eine persönliche Zielpreisvorgabe. Man kommt allerdings nur selten zum Zug, da die Lieferanten im Regelfall auf ihre Kosten- und Kalkulationsbasis beharren und selten dazu geneigt sind, unter Vollkostendeckung anzubieten.
Was tun? Man sieht sich um in der Welt. So bin ich denn in China fündig geworden, jedoch handelte es ich um einen Hersteller, der bislang nur einen Bruchteil unseres Jahresbedarfes herstellen konnte.
Es folgte ein langwieriger Prozess zunächst den Hersteller bei der schrittweisen Erhöhung der Produktionskapazitäten und Herstellmenge zu unterstützen, die erforderliche Produktqualität mit Hilfe von Bemusterungen und Prüfprozessen zu untersuchen und einzustellen, die Kontinuität der Qualität durch Definition von Produktions- und Prüfprozessen abzusichern, die Lieferfähigkeit und Termintreue durch gemeinsame Absicherung der Rohstoffversorgung im Land zu gewährleisten, die Transportverpackung sowie Transportbedingungen auf das erforderliche Niveau zu bringen und die gesamte Supply Chain zu testen.
Nach Auditierungen, Implementierung von Qualitäts- und EHS-Maßnahmen sowie Schulungen konnte ein reibungsloser SCM-Prozess aufgestellt werden, um allen Anforderungen gerecht zu werden.
Fazit: Die Bezugskosten bei den beiden Schlüsselrohstoffen konnten um 25 % bzw. 40 % unter die nachverhandelten Preisen bei den Altlieferanten gesenkt werden und die Marketingabteilung konnte ihre Zielpreise realisieren.
Die Einsparungen beliefen sich auf mehrere Millionen Euros.